Wo Heimatgeschichte weiter lebt – Eine Reise in die Vergangenheit
Erster Eintrag der Ölmühle im Güterbuch der Gemeinde Michelau
Im Michelauer Güterbuch findet sich 1754 ein erster Eintrag zur Michelauer Ölmühle. Zu dieser Zeit gab es in der Gemeinde 7 Bauern mit eigenen Gütern und Lehen des Hauses Württemberg, sowie den Stiftshof des Chorherrenstifts Backnang, die Klostermühle und eine Kelter des Klosters Lorch. Der Anbau von Flachs war im ganzen Tal verbreitet, primär zur Fasergewinnung, aber auch Mohn und Raps wurden für Speiseöl angebaut.
Zwar gab es neben der Ölmühle auch die genannte Klostermühle. Jedoch verhinderte zur damaligen Zeit der sogenannte Mühlenbann den Betrieb weiterer Mühlen in der Umgebung. Im Umkreis um bereits bestehende Mühlen gab es diesen Mühlenbann häufig. Müllern sollte durch keine andere Mühle die Arbeit weggenommen werden.
Die Michelauer Ölmühle war jedoch in Bezug auf ihre Eigentumsverhältnisse eine große Ausnahme. Besonders bemerkenswert war der Privatbesitz. Die Ölmühle befand sich nach einer Genehmigung des Klosteramtes Adelberg im Besitz von Andreas Klein, der zu dieser Zeit auch die Kornmühle Michelau betrieb. Müller besaßen normalerweise selten eine eigene Mühle; sie pachteten sie üblicherweise vom lokalen Grundherren oder waren einem Kloster zugehörig. Mühlen konnten also nicht vererbt werden, weshalb es immer wieder neue Pächter gab. Demnach gab es viele Müller. Da der Beruf oft den Nachnamen bestimmte, ist Müller auch heute noch der häufigste Nachname in Deutschland.
Erbauung der Ölmühle durch den Müller Andreas Klein
Der genannte Müller Andreas Klein, der die Adelbergische Klostermühle in Michelau betrieb, errichtete 1754 die Michelauer Ölmühle. Er besaß das Wasserrecht am Mühlbach, das für den Betrieb der Mühle notwendig war, und war mit einem Besitz von 22.494 Gulden für die damalige Zeit sehr vermögend.
Die Michelauer Ölmühle stammt also aus dem 18. Jahrhundert und ist somit die älteste in Baden-Württemberg aus dieser Bauepoche. Sie entstand zu einer Zeit wirtschaftlichen Aufschwungs, vor allem die Leinenweberei befand sich in ihrer Blütezeit.
Der Müller Andreas Klein war nicht nur ein vermögender Mann, sondern hatte auch besondere Rechte. Diese Müller durften Kirchenasyl gewähren, was bedeutete, dass sie Menschen vor der Strafverfolgung durch die Behörden schützen konnten. Wenn also ein Dieb zum Müller ging, konnte er nicht belangt werden. Selbst wenn die Mühle im Besitz des Klosters war, konnte der Müller auch Kirchenasyl gewähren. Allerdings war dann die entsprechende Person auch zur Mitarbeit in der Mühle verpflichtet.
Übernahme der Ölmühle durch den Müller Christian Fischer
Nach Andreas Klein wurde die Mühle 1788 von Müller Christian Fischer übernommen. Im Jahr 1800 verpfändete er diese kurzzeitig an Kaspar Schultheiß, jedoch nur für ein Jahr.
Die Mühle wird öffentlich versteigert. Eine Hälfte gehörte von nun an Johann Georg Layer, die andere Johann Georg Haller
Am 07.01.1811 wurde die Mühle durch einen Erbfall öffentlich versteigert. Eine Hälfte des Besitzes ging an Heinrich Georg Layer aus Necklinsberg, die andere Hälfte an Johann Georg Haller, Bauer und Weber aus Michelau. Der Kaufvertrag ist noch im Michelauer Kaufbuch von 1800-1820 nachzulesen, der Preis betrug 335 Gulden. Obwohl die Mühle bis 1900 zwei Besitzer besaß, war sie letztendlich die längste Zeit ihrer Geschichte im Besitz der Familie Haller.
Eine Hälfte der Ölmühle Michelau wurde verkauft
1814 verkaufte Johann Georg Layer seinen Anteil an den damaligen Michelauer Bürgermeister Adam Merkle.
Weiterverkauf der Hälfte
Adamn Merkle verkaufte seinen Anteil 1837 an Johann Christoph Schultheiß. Bis 1990 blieb der Anteil der Mühle im Besitz der Familie Schultheiß.
Durch den Verkauf von Johann Christoph Schultheiß an Georg Haller (Jr.) wurde aus den zwei Besitzhälften wieder ein Besitz. Die Mühle befand sich nun vollständig in den Händen der Familie Haller.
Im Jahr 1900 verkaufte Schultheiß schließlich diesen Anteil an Johann Georg Haller (Jr.). Dieser hatte die andere Hälfte der Mühle bereits im Jahr 1873/74 geerbt. Bis 1955 wurde die Mühle von der Familie Haller betrieben.
1911 richtete Jakob Haller kurzzeitig eine Schleifmühle ein.
Bis zu diesem Jahr war die Mühle noch vollständig aus Holz
Bis 1913 bestand die Michelauer Ölmühle noch ganz aus Holz. Das reichte von der hölzernen Wasserrinne über hölzerne Falle, Wasserrad, Kammrad, Wellbaum bis hin zur hölzernen Einrichtung. Ab diesem Jahr wurden jedoch einige Teile ersetzt.
Die Mühle wurde nach dem Ersten Weltkrieg renoviert
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Gebäude renoviert und eine sogenannte Holländermühle mit Kollergang, Walzenstühlen und Vorwärmer eingerichtet. Während in früheren Jahrhunderten hauptsächlich Leinsaat gepresst worden war, verarbeitete der Müller in der Nachkriegszeit Bucheckern, Mohn, Raps, Kürbiskerne und Walnüsse. Die gewonnenen Öle wurden als Speiseöl, Lampenöl, Schmiermittel und zur Herstellung von Farben, Lacken und Seifen verwendet.
Wegen Unwettern und Schäden am Wehr musste die Ölmühle zwischenzeitlich stillgelegt werden. Nur noch der Mahlstein konnte mit einem Dieselmotor weiter betrieben werden
In den 1920er Jahren wurde die Mühle zwischenzeitig stillgelegt. Der Grund dafür war die Zerstörung des Stauwehrs. Dieses wurde 1928 bei einem Unwetter beschädigt, und der damalige Besitzer versuchte vergeblich, das Wehr wieder aufzubauen. Daraufhin wurde auch der Mühlbach zugeschüttet, um zusätzliche Fläche für Felder zu schaffen.
Ohne Zufluss wurde die Mahlmühle bis zu ihrer Elektrifizierung mit einem Dieselmotor betrieben. Die Ölmühle jedoch wurde erst 1945/46 wiederhergestellt und erhielt zu diesem Zeitpunkt einen elektrischen Antrieb und technisch bessere Geräte wie einen Kollergang mit Läufersteinen.
Der ehemalige Verlauf des Mühlbachs lässt sich noch heute anhand der Linden am Weg erahnen. Die Baumreihe entspricht grob dem Verlauf des nicht mehr vorhandenen Mühlbachs. Dieser kam aus Richtung der Bahngleise, da sich dahinter früher die Kornmühle befand.
Diese beiden waren voneinander abhängig, denn wenn die Kornmühle weiter oben am Wasserkanal zu viel Wasser aufstaut, reicht es nicht mehr, das Mühlrad der Ölmühle anzutreiben. Und wenn die Ölmühle zu viel Wasser aufstaut, steigt das Wasser hoch bis zur Kornmühle und behindert dort den Betrieb.
Dank des Fettmangels wurde die Michelauer Ölmühle elektrifiziert und wieder in Betrieb genommen
Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte ein großer Mangel an Fetten und Ölen, der sogenannte Fettmangel. Darunter fielen Öl und Fett sowohl für Speisen als auch zum Schmieren von Maschinen, Werkzeugen oder Türen. Daher war es notwendig, die Produktion von Ölen und Fetten, überall dort, wo es möglich war, wieder aufzunehmen. Die Michelauer Ölmühle wurde aus diesem Grund 1945/1946 wieder in Betrieb genommen.
Der Betrieb der Ölmühle wurde endgültig eingestellt
Als sich Mitte der fünfziger Jahre der Betrieb
nicht mehr rentierte, da Großkonzerne dank Dampfmaschinen und hydraulischen Pressen regelmäßig billiges Öl in Massen herstellten, wurde die Ölmühle im Jahr 1955 geschlossen. Kleinere Ölmühlen hatten den Nachteil, dass ihre Erträge stark schwanken konnten, weshalb sie nicht mehr wettbewerbsfähig waren.
In diesem Jahr musste zusätzlich das morsch gewordene Mühlrad abmontiert werden, außerdem wurde der Mühlbach im Zuge der Flurbereinigung zugeschüttet
Der letzte Besitzer der Ölmühle, Hartmut Haller, hat schließlich seinen Besitz an die Gemeinde Rudersberg verkauft
Die heute noch vorhandene Einrichtung besteht aus einer Putzmühle, der sogenannten Windfege, drei Walzenstühlen, einem Kollergang, zwei Vorwärmern, zwei Seiherpressen, einer hydraulischen Pumpe und einer Schrotmühle zum Zerkleinern der Ölkuchen, sowie einem Wärmeofen zum Trocknen der noch frischen Ölsamen. Der Wiederaufbau der Ölmühle erfolgte durch die Gemeinde Rudersberg mit Unterstützung des Kreises, des Denkmalamts, der Gesellschaft für Jugendsozialarbeit und Bildungsförderung sowie privater Förderer.